Schwein haben

Hallo Freunde,

heute schreibe ich nicht über meinen Bluthochdruck oder mein schütter werdendes Haupthaar. Ich kommentiere auch nicht die Tagespolitik, das Wetter oder die gelebte Liebe der Kirchenväter. Ich erwähne auch mit keinem Wort das Virus, Herrn Putin oder Donald Trump. 

Ich tippe nur mit zittriger Hand ein paar Gedanken in Kikis Computer, die mir kamen, als ich allein in meinem Studio saß und über die Wunder dieser sich verändernden Welt grübelte.

Als Nachkriegskind hatte ich immer von einem mit Essen gefüllten Kühlschrank geträumt. Heute versuche ich abzunehmen.

Als Student hoffte ich, dass ich mir am Ende des Monats noch einen Hamburger leisten konnte. Heute bin ich glücklich mit einer Hamburgerin verheiratet.

Bis vor zwei Jahren war mir die Welt zu klein. Heute freue ich mich, wenn ich ohne Maske am Long Beach sitzen darf.

Früher glaubte ich noch an Märchen, bevor ich selber welche schrieb. Heute darf kein Prinz mehr das schlafende Schneewittchen ungefragt küssen. Das ist übergriffig! Der royale Kerl könnte sich nur noch retten, wenn er mit Hilfe eines teuren Anwalts die Geschworenen überzeugen könnte, dass die Sache mit Schneewittchen eine Notfallsituation war, eine Mund-zu-Mund-Beatmung.

Früher galten Vegetarier als tierliebende Menschen. Heute werden Stimmen laut, dass sie Egozentriker seien, die den Tieren das Grünfutter neiden und lieber selber essen.

Früher glaubte ich, dass ein Mann, der auf die Herren-Toilette ging, ein Mann sei. Ich wurde eines besseren belehrt.

Jetzt verwischen sich auch noch die Grenzen zwischen Mensch und Tier. Schweineherzen landen nicht mehr auf dem Teller, sondern werden transplantiert. Bleiben jetzt Veganer herzlos? Wann geht es den Haustieren an die Nieren? Wird unsere Alltagssprache diesem Tun Rechnung tragen? Ist der Ausruf Du bist ein Schwein in Zukunft ein Schimpfwort oder die Anerkennung einer geglückten Transplantation?

Das ist meine Meinung zu diesen Themen. Ich weiß, Meinungen sind heute nicht mehr gefragt, obwohl viele für Meinungsfreiheit plädieren, was allerdings so viel heißt wie man kann alle Meinungen haben oder überhaupt keine.

Seid (wie immer) herzlich gegrüßt
Euer Helme

 

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