Autorenleben

Hallo Freunde,

die Weltnachrichten, die Sintflut an Informationen, Lügen und schrecklichen Bildern erfahrt Ihr täglich aus den Medien. Unglaublich und verstörend. Heute morgen habe ich unsere Europa-Fahne gehisst.  Jetzt wehen die Farben der Ukraine an unserem Flaggenmast. (Gelbe Sterne auf blauem Grund) Deshalb heute mal eine positive Sondersendung aus dem fernen Russell.

Diese Woche haben wir unseren neuen/alten Roman abgeschlossen. Ein Jahr lang lag er in der Schublade und verstaubte, bis wir ihn wieder herausholten und überarbeiteten. Corona sei Dank. Wir hatten uns entschlossen, in unseren depressiven Zeiten dem Drama ein Happy End zu schenken. Als Autor darf und kann man das. Es muss nur glaubhaft sein, sonst verliert man die Leser und die Einnahmen. Im richtigen Leben können wir nur hoffen, dass das Schicksal uns wohlgesonnen ist. Gestern haben wir alle Buchstaben und Farben zusammengekehrt und auf einen Stick geladen, um einen noch unbekannten Verleger damit zu beglücken.

Für mich ist das Schreiben im Gegensatz zum Malen: Arbeit. Die Bilder drängeln sich, fallen mir spielerisch zu. Meine Hand ist mein Seismograph und braucht das Geschaute nur noch zu Papier zu bringen. Die Wörter muss ich suchen, ausgraben. Die Grammatik, die Interpunktion, die Wortwahl, der Sprachrhythmus, die Gendersprache, die neue Rechtschreibung bremsen mich. All das zu bedenken, abzuwägen, verschlägt mir oftmals die Sprache. Ich kenne all die oft zitierten Sätze und Ratschläge berühmter Autoren und versuche sie zu beherzigen. Schreiben ist leicht, behaupten sie, man muss nur die falschen Wörter weglassen. Tröstlicher ist für mich Somerset Maugham, der einst verriet: Es gibt drei Regeln, wie man einen guten Roman schreibt. Unglücklicherweise kennt niemand diese drei Regeln. Mein Motto ist: Ich versuche die Stellen wegzulassen, die die Leser überspringen.

Nach dem Abschalten des Computers sind Kiki und ich zu unserem geliebten Long Beach gefahren, der nachmittags nur noch uns und ein paar streunenden Hunden gehört. Dort haben haben wir allen Frust abgespült, der sich beim Schreiben angesammelt hatte. Es war abenteuerlich, denn die Wellen spielten mit, ließen uns sogar für eine Weile den Krieg vergessen.

Am Abend nach dem Essen legten wir die Füße hoch und vertieften uns in Rotwein und in Sätze und Geschichten anderer Autoren. Dabei gefiel mir am besten der Seufzer von Mark Twain: Eigentlich ist es idiotisch, ein ganzes Jahr an einem Roman zu schreiben, wenn man in jedem Buchladen einen fertigen für 2 Dollar kaufen kann.

Seid herzlich gegrüßt von einem erschöpften, aber glücklichen
Helme

P.S. In unserer kleinen “Privatbibliothek” habe ich einen kleinen Schatz entdeckt. Ein dünnbändiges  Büchlein hatte sich seit Jahren zwischen all den dicken Wälzern versteckt, und wurde deshalb übersehen.  Die Frau im Mond ist eine der schönsten, skurrilsten Liebesgeschichten, die mir in den letzten Jahren untergekommen ist. Das ganze Geschehen spielt in Sardinien. Ihr solltet es selber lesen, um mich zu verstehen.

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