Gartenphilosophie

Hallo Freunde,

ich hatte mir für meinen Geburtstag Regen gewünscht. Unser Garten brauchte ihn dringend. Mein Wunsch wurde erfüllt. Zwei Tage hatte der Pazifik eine Einsicht und uns Regenwolken geschenkt. Je wilder sich der Weltgeist gebärdet, desto mehr liebe ich unseren großen Garten. Ich frage mich immer wieder, worin besteht sein Zauber, die Friedfertigkeit, die Ruhe, die er mir gibt? An stürmischen Tagen ist er so laut, dass mir Angst und Bange wird. Trotzdem fühle ich mich dort geborgen. Ist es das schattenspendende Blätterdach, die Luft, der Sauerstoff, den er ausatmet? Ich könnte noch vieles hinzufügen: die Vögel, die Schmetterlinge, die ihn besuchen, die Farbtupfer der Blüten, die Jahreszeiten und das Glück, mit ihm zu wachsen, zu werden und zu altern.

Trump wäre da sicherlich anderer Meinung. Er würde sagen, ich habe einen Deal mit diesem Grundstück, das mich eine Menge Geld gekostet hat. Außerdem kostet es viel Arbeit, ich muss es wässern, bepflanzen, einen Golfrasen anlegen und das Unkraut vergiften. Dafür würde ich von ihnen verlangen zu wachsen und mir Sichtschutz zu geben vor neugierigen Nachbarn: Ich bin Euer König, Ihr seid meine Untertanen! Solche Gärten ähneln ihren Besitzern. Ich nenne sie Irrgärten. Das Wunderbare aber ist, wenn der Besitzer verstirbt, wuchern und wachsen sie wieder, wie sie wollen. So lange kann die Natur warten. Sie hat Zeit.

Russell wäre aber nicht Russell, wenn dieses Nest außer unserem nicht auch noch andere Gärten hätte. Direkt neben unserem Ärztehaus gibt es einen großen Gemüsegarten, den die drei Ärzte (so viele haben wir) selbst angelegt haben. Jeder Patient darf dort kostenlos ernten. Petersilie, Kohl, Salat, Beeren, Karotten, Erbsen, alles, was das Herz und die Kaninchen erfreut und den Blutdruck senkt. Für die Versehrten und Alten, die nicht mehr krauchen können, wartet das nicht gepflückte Gemüse im Wartezimmer in einem Korb zur gebührenfreien Mitnahme.

Und damit nicht genug, unsere kleine Schule hat sich mit Obstbäumen umgeben. Dort wachsen und blühen und reifen Birnen, Feijoa, Maracuja, Feigen, Weintrauben… Jedermann darf dort gratis ernten. Was KiKi und ich auch gerne tun. So gehe ich auch in meinem Alter wieder gerne zur Schule.

 

Ansonsten nichts Neues.

Seid herzlich gegrüßt
Euer Helme

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