
Über das Schreiben
Hallo Freunde,
heute schreibe ich ein wenig über das Schreiben, über den Versuch, Gedanken zu Papier zu bringen. In der guten alten Zeit, es gab noch nicht die Frankfurter Buchmesse, sperrte man seine Reden und Geschichten nicht in Bücher. Homer konnte nicht schreiben, er war blind. Jesus wollte nicht schreiben, er mochte sich nicht festlegen oder beherrschte nicht die Interpunktion. Er sprach lieber frei und in Gleichnissen, deren Auslegung er der Kirche überließ. Literaturkritiker tun sich schwer mit solchen Texten. Sokrates unterhielt sich lieber mit den Athenern als seine philosophischen Gedanken aufzuschreiben. Das überließ er lieber seinem Sekretär Plato.
In meiner Jugend ermahnte mich mein Lehrer noch: „Heine, erzähle mir keine Romane, komm bitte zur Sache.“ Das war wirklich die gute, alte Zeit. Und heute, 6 Jahrzehnte später, hocke ich in meinem Studio, so wie weiland Montaigne in seinem Turm und muss täglich ein bis zwei Seiten ins Haupthaus abliefern, wo Kiki ungeduldig darauf wartet, sie umzugestalten.
Wahrscheinlich hat sie mich deshalb zum Augenarzt geschleppt, weil ich das Thema unseres neuen Romans ihr nur verschwommen vermittelte. Jetzt, nach überstandener OP sehe ich klarer… aber nur in die Ferne. Ich erkenne, in welche Lebensentfernung das Ende dieses Werkes gerückt ist. Für die Nähe brauche ich eine Sehhilfe, sagt Kiki. Ihr Männer - ich glaube sie meint mich - habt Schwierigkeiten, Gefühle in Worte zu gießen. Ich bin hauptberuflich Maler. Mein Einwand, dass man Gefühle nicht sehen kann, lässt sie nicht gelten. Die Diskussionen begannen schon, ob unser Titelheld in der heutigen Zeit nicht besser eine Heldin wäre? Shakespeare hat es sich leicht gemacht, er hat ein Paar genommen: Romeo und Julia. Heute würde er sich sicherlich überlegen, ob diese Tragödie nicht besser hieße: Romeo und Julio oder Romy und Julia.
Ich fühle mich als Autor wie die Wespe, die am Frühstückstisch in die Marmelade gefallen ist und darauf wartet, dass ihr jemand hilft, daraus wieder befreit zu werden. Am besten von einem Verleger. Zur Not auch von einer netten Verlegerin, wenn das Honorar stimmt.
So, jetzt wisst Ihr, was ich an sieben Tagen in der Woche treibe oder wozu ich getrieben werde.
Seid herzlich gegrüßt und bestellt das Buch, wenn es in zehn Jahren als Paperback auf den Markt kommt.
Euer Helme