Das Kamera-Telefon
Hallo Freunde,
mangels bedeutender, epochaler Ereignisse in dieser Woche im fernen Russell wende ich mich in diesem Sonntagsbrief der Technik zu, die unsere Welt im festen Griff hat.
Was war die Menschheit früher ohne das Kamera-Telefon? Wir wussten nicht, was Tante Emma gestern erlebt, gegessen, angezogen hatte und wie der Sonnenuntergang in Castrop-Rauxel war. Wir waren ahnungslos. Dieser kleine, schmale, mehräugige Metallkasten hat uns zu Sehern gemacht. Er hat unsere Sicht auf diese Welt verändert. Und nicht nur das. Diese Box hat auch unsere Fitness erhöht und die Perspektive auf das Leben verändert. Früher war der Mann der Patriarch, der König. Heute geht er vor ihr in die Knie. Erst aus diesem Blickwinkel erkennt er ihre wahre Größe.
Damit nicht genug. Demütig verbeugend, verdrehend passen wir uns der Natur, den Objekten an, die wir ablichten wollen, um ihnen nahe zu kommen. Dafür sei diesem Kasten Dank. Da alle Theorie ja bekanntlich grau ist und wir in einer Bilderwelt leben, und ich keine Abbild-Box besitze, habe ich zum Zeichenstift gegriffen, um meine obigen Behauptungen zu untermauern. Ich hoffe, es ist mir gelungen.
Seid herzlich gegrüßt
Euer Helme
P.S. Jetzt versteht Ihr vielleicht, warum ich so ein Bild-Telefon nicht habe. In meinem Alter fällt es mir viel leichter, die Welt und ihre Bewohner zeichnend (sitzend) abzubilden, als Knie, Hüfte und Wirbelsäule zu verdrehen und zu belasten, um die reale Welt einzufangen.